Antigua Teil II

Hier die Fortsetzung von unserer Zeit in Antigua.

6.1.2018: Mit den beiden Amis und der Kanadierin sind wir neben dem Spanisch nun auch im Englisch noch mehr gefordert. Letzte Woche konnten wir uns doch noch ab und zu in unserer Muttersprache "ausruhen". Es macht das spanisch Lernen nicht unbedingt einfacher nebenher noch eine weitere Fremdsprache zu gebrauchen. Zum Glück sind nicht auch noch Franzosen da...
In der Schule plagen wir uns weiter mit den unregelmässigen Verben. Diese scheinen unerschöpflich zu sein. Wir sind froh, dass unsere Lehrerinnen geduldig sind. Neben der Schule und den Aufgaben haben wir heute nicht mehr viel gemacht. Trotz der Plage mit den Verben erfreuen wir uns aber an den Farben Antiguas.

7.2.2018: Wieder geht es mit dem Bus in eines der Dörfer ausserhalb Antiguas. Mittwochs steht nicht die Grammatik sondern die Konversation auf dem Stundenplan. Dies geht sehr gut bei einem Ausflug.
Zuerst besuchen wir ein Kloster. Eine der fünf letzten Nonnen gibt uns eine Führung durch das Kloster aus dem 16. Jahrhundert. Ein Teil ist auch ein Museum mit den originalen Möbeln des Klostergründers. In der Eingangshalle liegt ein "Teppich" aus gefärbtem Sägemehl. Für solche Teppiche (tw. auch aus Blumen) ist Antigua bekannt.
Der nächste Stopp ist bei einer Familie, welche Wein aus Früchten erzeugt. Sie zeigen uns den ganzen Prozess und wir dürfen ausgiebig die verschiedenen Sorten probieren. Nicht alle entsprechen allerdings unserem Geschmack und mit Wein - nach unserem Verständnis - hat das Ganze wenig Ähnlichkeit.
Der nächste Stopp ist dann bei einer Familie, welche Schokolade macht. Auch hier wird alles noch von Hand gemacht. Die einzige Maschine ist eine Mühle, welche den Kakao mit dem Zucker mischt.

Zurück in der Stadt spazieren wir noch etwas durch die Strassen. Die Sicherheit ist hier immer wieder ein Thema. So stehen oft Bewaffnete an einer Ecke und bewachen z.B. das Ausladen eines LKW´s (mit normaler Ladung - kein Bargeld oder spezielle Wertgegenstände). Unsere Familie hat uns auch erzählt, dass sie keinen echten Schmuck tragen, das ansonsten die Gefahr besteht, dass dieser geraubt wird. Wir fühlen uns aber trotzdem sicher, auch wenn wir versuchen entsprechend, vorsichtig zu sein.

8.2.2018: Rolf´s Schuhe sind den Strapazen dieser Reise nicht gewachsen. Der Vulkan letztes Wochenende war anscheinend zuviel. Sie beginnen sich aufzulösen und wir befürchten, dass sie nicht bis am Schluss durchhalten. So suchen wir einen Schumacher, welcher die Schuhe wieder fit machen kann. Wir werden fündig und nach ein paar Stunden können wir die Schuhe wieder abholen. Hoffen wir, dass sie nun bis zum Schluss durchhalten....

Da Evelyne etwas mit den unregelmässigen Verben der Vergangenheit auf Kriegsfuss steht, beschliesst sie, den Nachmittag diesen zu widmen. Rolf besucht indessen ein weiteres Ruinenfeld (mitten in der Stadt), welches vom Erdbeben 1773 zeugt. Es handelt sich auch hier um ein ehemaliges Kloster mit Kirche.

In den Ruinen hat man das Gefühl, dass Erdbeben sei noch nicht so lange her. Die Schuttblöcke der eingestürzten Teile liegen noch überall herum. Es sind nur wenige Besucher da, so dass man in Ruhe die spezielle Atmosphäre auf sich wirken lassen kann. Die Kräfte, welche hier gewirkt haben, müssen ziemlich gross gewesen sein, und doch gibt es Gebäudeteile welche standgehalten haben.

9.2.2018: Freitags ist die Schule wieder im Felde. Wir machen einen Ausflug nach San Christobal. Ein Berg mit schöner Aussicht auf Antigua.  Der Unterricht ist die Konversation, aber wir lernen auch die Bedeutung vom Maximon, einem Volksheiligen der für alles erdenkliche angerufen werden kann und immer als etwa lebensgrosse Puppe seinen Auftritt hat.

Um 13:00 beginnt dann für uns schon das Wochenende. Wir steigen in den Bus zum Lake Atitlan, wo wir zwei Nächte verbringen werden. Der See liegt auf fast 1600 m und ist von drei Vulkanen umgeben. Vor dem Nachtessen gönnen wir uns einen Pina Colada, jeweils in einer ganzen Ananas. Wir bestaunen den Sonnenuntergang und sind bereit für "el fin de semana".

Was uns an diesem Wochenende mehrfach auffällt, ist die harte Arbeit, welche viele Einheimische hier leisten (müssen). Nichts scheint zu schwer oder zu mühsam um von Hand bzw. mit Körperkraft erledigt werden zu können.

10.2.2018: Mit dem Schiff besuchen wir drei Dörfer am See. Ein Guide führt uns herum, zeigt uns diverse Orte und erklärt so manches. Wir besuchen eine Galerie mit Bildern von lokalen Künstlern. Dann geht es zu eine Kooperation von Frauen, die sich zusammengeschlossen haben um das lokale Handwerk zu fördern und zu vermarkten. So sind sie auch unabhängig von den Männern und erhalten dadurch automatisch mehr Rechte. Von der Baumwollpflanze bis zum fertigen Produkt ist alles natürlich und ohne jegliche Maschinen gefertigt. 
Die Dörfer am See "kleben"meist an den steilen Vulkanhängen und sind teilweise nur per Boot erreichbar. Das Leben ist noch sehr traditionell und landwirtschaftlich geprägt. Die wenigsten haben Autos und ein wichtiges Transportmittel ist das Tuk Tuk. Die Religion spielt ebenfalls ein grosse Rolle im Leben der Menschen. Da hier in den Dörfern die Mehrheit der Bewohner Indigena (mit Maya-Wurzeln) sind, ist die Religon noch stark von den Maya Traditionen geprägt. An jeder Ecke werden Waren und Dienstleistungen angeboten, so dass fast jede Strasse ein eigener Markt ist. Arbeitsplätze sind rar und so muss fast ein jeder sein eigener Unternehmer sein um den Lebensunterhalt zu bestreiten.

11.2.2018: Bevor wir wieder zurück nach Antigua fahren, machen wir noch einen Abstecher nach Chichicastenango. Die Fahrt hierhin geht durch das Hochland von Guatemala und die Strasse ist teilweise recht abenteuerlich. Zum Glück ist der Verkehr ziemlich dicht, so dass die Geschwindigkeit nie zu hoch ist.
"Chichi" ist bekannt für seinen Markt und heute ist Sonntag und damit Markttag. Der Markt ist riesig und man kann praktisch alles kaufen. Überhaupt versorgen sich die Menschen hier zum grössten Teil über die Märkte. Läden sind teurer und kommen somit für die meisten Menschen nur in Ausnahmefällen in Frage.
Inmitten des Marktes steht die Kirche Santo Tomas. Es herrscht ein emsiges Treiben und wir wissen nicht so recht, ob wir jetzt in einer katholischen Kirche oder in einer Kultstätte mit einem Schamanen sind. Auf der Treppe vor der Kirche werden Blumen und andere Opfergaben verkauft. Im Hauptschiff ist keine organisierte Aktivität ersichtlich, dafür findet anscheinend in einer Ecke eine Taufe statt. Es sind aber so viele Familien mit Täuflingen da, dass sie dort fast keinen Platz finden.

Wir brauchen eine Pause und holen uns dafür ein paar Kleinigkeiten in eine Bäckerei. Ein Brötchen kostet hier umgerechnet ca. 7 Rappen und einmal mehr stauen wir über die krassen Preisunterschiede der verschiedenen Produkte. Für ein Mars in einem Supermarkt bezahlt man dann locker über einen Franken und ein Liter Benzin kostet etwa drei Franken. 
Frisch gestärkt nehmen wir ein Tuk Tuk und lassen uns zum Friedhof fahren. Bis anhin haben wir noch keinen solchen in Guatemala besucht und staunen darum über die Farbenvielfalt und die Gestaltung und Anordnung der Grabstätten.
Zum Abschluss schlendern wir nochmals über den Markt bevor der Bus zurück nach Antigua fährt. Als sich herausstellt, dass ein Passagier mehr auf dem Bus ist als es Sitzplätze hat, sind wir froh, bereits auf unseren Plätzen zu sitzen.

12.2.2018: Montag, wieder in der Schule. Diese Woche steht nochmals eine neue Zeit auf dem Programm. Langsam verlieren wir den Überblick :-)
Wir kämpfen uns also wieder durch die Grammatik und schnell ist der Morgen vorbei. Am Nachmittag versuchen wir unsere Notizen zu ordnen und den Stoff zu verarbeiten sowie die Aufgaben zu erledigen. Dazu gehen wir in "unseren Garten" wo wir trotz der Grammatik die Atmosphäre geniessen können.
Unterwegs in der Stadt ist es nie langweilig und es gibt immer etwas zu sehen.

13.2.2018: Nach den ersten Schulstunden machen wir eine Pause und sehen uns die Kinderfasnacht in der Schule einer unserer Lehrerinnen an. Nach dem Umzug findet die Präsentation und Prämierung der Kostüme statt, für die Kinder ein grosses Ereignis und für uns eine gute Gelegenheit mehr über die Traditionen und Bräuche hier zu erfahren. 

Nach diesem Erlebnis geht es zurück in die Schule und wir machen die Lektionen noch fertig bevor wir uns am Nachmittag auf einen weiteren Ausflug begeben. Es gibt hier noch einen zweiten aktiven Vulkan und diesen wollen wir uns auch noch ansehen. Der Bus soll uns um zwei Uhr abholen, dafür müssen wir um zehn vor zwei an der Strasse stehen. Als wir um halb drei immer noch da stehen, glauben wir schon, dass aus dem Ausflug nichts mehr wird. Doch dann kommt der Bus doch noch und nachdem noch mehr Leute abgeholt wurden geht es los. Die Fahrt geht zum Fusse des Vulkans und wir steigen hoch. Nach nur etwas mehr als einer Stunde sind wir bereits oben und können hier die Marshmallows direkt auf dem Boden grillieren. Das ist aber leider zurzeit die einzige Aktivität des Vulkanes (welcher sich nun auch noch in Wolken hüllt). Wenn der Vulkan aktiv ist, kann man zeitweise die Lava ziemlich nahe fliessen sehen.
So geniessen wir "nur" denn Sonnenuntergang und steigen dann anschliessend wieder ab. 

14.2.2018: Heute machen wir etwas früher Schluss in der Schule und verlegen den Rest des Unterrichtes ins Nachbardorf. Hier haben sie in der Kirche eine Dekoration (Velacion) gestaltet, welche typisch ist für die 40 Tage vor Ostern. Ein Teppich aus gefärbtem Sägemehl und Kompositionen aus Früchten und Gemüse zusammen mit einer Darstellung einer biblischen Szene füllen die Kirche zu etwa zwei Dritteln. Vor der Kirche stehen Standbilder mit Szenen aus der Leidensgeschichte Jesus. Die Leute stehen Schlange um das "Bild" zu sehen und auch die Presse ist anwesend. 

Auf dem Rückweg gibt es auch wieder viel Interessantes zu sehen. Die Sicherheit ist ein permanentes Thema und neben dem Verbot für Waffen auf der Restauranttüre steht gleich der bewaffnete Wachmann vor dem Geschäft. Viele Läden sind vergittert und der Verkauf findet durch die Stäbe hindurch statt.
Die Sicherheit ist leider auch ein Thema beim Verkehr. Der Transport findet in der Regel ungeschützt statt und man kann sich leicht vorstellen, was bei einem Unfall passiert. Zu X. auf dem Motorrad (in der Regel ohne Helm) oder stehend auf einer Pickup-Ladebrücke ist hier Alltag. Sicherheit wie wir sie uns gewohnt sind ist hier ein unerschwinglicher Luxus!!

15.2.2018: Der zweitletzte Schultag. Rolf lernt nochmals eine neue Zeit (und ist nun bereits beim Futuro), Evelyne ist noch bedient mit den letzten Konjugationen (der Vergangenheit) und hat keine Lust sich noch weiter zu verzetteln :-)

Am Nachmittag gehen wir nochmals an unseren Lieblings-Ort hier in Antigua und machen da die Hausaufgaben. Vielleicht könnt ihr den speziellen Charme dieses Ortes anhand der Fotos etwas nachempfinden?

Langsam müssen wir uns auch damit abfinden, dass die Zeit hier langsam zu Ende geht. Wir haben die dreckige Wäsche schon mal waschen lassen, damit wir am Samstag mit sauberen Kleidern im Koffer weiterreisen können.

16.2.2018: Der letzte Tag in der Schule ist kurz. Wir treffen uns mit unseren Lehrerinnen im Garten, besprechen die Hausaufgaben und dann packen wir zusammen. Zusammen sehen wir uns den Friedhof an und besuchen dann noch drei Kirchen, welche ebenfalls ein "Velacion" haben (siehe Mittwoch). Viele Leute besuchen diese Darstellung der Szenen und vor den Kirchen findet ein halber Jahrmarkt statt. Es gibt so viel Details zu sehen, dass man lange verweilen kann.

Leider ist aber heute auch der Tag des Abschieds. Wir müssen uns von den Lehrerinnen und der Familie (inklusive dem Hund, welchen wir am liebsten einpacken würden) verabschieden. Das fällt uns nicht leicht, sind uns doch die Leute hier in den vergangenen 4 Wochen recht ans Herz gewachsen. Wir fühlten uns wohl in der Stadt und haben den Aufenthalt genossen, trotz der Strapazen mit der spanischen Grammatik. 

Wir werden auch die Kinder (und anderen junggebliebenen) auf der Strasse vermissen. Es war immer lebendig und spannend hier unterwegs zu sein.

Ja, und diese Stadt mit den schmucken Ecken und den anderen wo der Lack abblättert. Das pulsierende Leben, die ständige Präsenz vieler Menschen und der Lärm (dieser vielleicht etwas weniger) werden uns sicherlich fehlen.

Ab Morgen sind wir wieder unterwegs. Die Fortsetzung folgt somit dort.